Romantik Musik: Ein Überblick der Musikepoche

Yacine Khorchi
Yacine Khorchi

Gründer und Klavierlehrer

Letzte Aktualisierung: 03.09.2024

„Romantisch.” Heutzutage schwirrt uns direkt ein gemütliches Candle Light Dinner, rote Rosenblüten bei Mondschein oder Meeresrauschen und Zweisamkeit bei Sonnenuntergängen vor. Hinter diesem Begriff verstanden Menschen während der Epoche der Romantik jedoch nicht unbedingt dasselbe. Was war für sie romantisch?

Schonmal vorweg: Nach Auffassung von Romantikern gilt, die Welt solle romantisiert werden. Das bedeutet, sie soll als Kontinuum wahrgenommen werden, in dem alles mit allem in Zusammenhang steht. Laut ihnen wird erst durch diesen Akt der Romantisierung die ursprüngliche Vollkommenheit der Welt als solche angesehen und ihr eigentlicher Sinn erkennbar.

Themen & Merkmale der Romantik

Trotz unserer heutigen Konnotation rein romantischer Liebesgefühle zur Darstellung der Romantik, ging es damals eher um die Hinwendung zu sich selbst. 

Ein ganz entscheidendes Motiv ist zudem jenes der Sehnsucht. Dies führte besonders die Künstler der damaligen Zeit zum Schweifen in die Ferne und zur Wertschätzung des Mystischen und Geheimnisvollen. Sie sehnten sich nach der Natur, der mit den Augen wahrnehmbaren Ferne, jedoch gleichzeitig nach dem Verborgenen. Nicht selten wendeten sich Menschen von der Realität ab und flüchteten stattdessen in Traumwelten, aber auch in die Dunkelheit auf der Suche nach der geistigen Vollkommenheit. Die Faszination zum Unheimlichen war genauso Teil des Lebens wie das Schöne.

Diese Zeit ist somit zusammenfassend überwiegend durch die Beschäftigung mit sich selbst, mit den eigenen Gefühlen bzw. Gedanken, jedoch ebenso mit der Natur, Gott und anderen höheren Mächten geprägt. 

Geschichtlicher Hintergrund

Die Aufklärung brachte die Entstehung der Romantik ins Rollen, welche von ständigen gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen geprägt ist. Wichtige Ereignisse fanden zu dieser Zeit beinahe ununterbrochen statt:

  • Aufklärung

  • Französische Revolution

  • Industrialisierung 

Aufklärung

Das Zeitalter der Aufklärung (1685 - 1815) war von nüchterner Vernunft und wissenschaftlicher Forschung geprägt. Die Menschen sollten dazu angeregt werden, „Mut zu haben, sich ihres Verstandes zu bedienen“ (- Kant). Dieser Rationalität stellten die Romantiker das Seelenleben der Menschen, das Übernatürliche und Wunderbare entgegen. Durch die neu gewonnenen Erkenntnisse der Menschheit entstanden zunehmend mehr Fragen.


Französische Revolution

Die Französische Revolution (1789) krempelte das gesamte europäische Gesellschaftssystem vollkommen um, indem die Bürger ein Mitspracherecht sowie eine Demokratie an Stelle von Alleinherrschaft forderten. Kurzzeitig wurden ihre Forderungen erhört. Allerdings wurde die alte, unterdrückende Ordnung bald in Europa wiederhergestellt.

Den Menschen wurden ihre neu gewonnenen Rechte und Freiheiten erneut entzogen und die revolutionären Werte glitten ihnen durch die Finger. Die Vertreter der Romantik zeigten sich aufgrund ihrer Freigeist-Natur stark enttäuscht, sodass die Proteste Epoche des Vormärz einsetzte, wobei besonders untere Schichten sich der adligen Elite weiterhin unterwerfen mussten. All dies führte zum kollektiven Wunsch nach Ferne von all der Unruhe und Verzweiflung.


Industrialisierung

In einer stetig wissenschaftlichen und zunehmend industriell werdenden Welt waren die Romantiker zu Hause. Die Industrialisierung im 18./19. Jahrhundert zog die Zuwendung zu Maschinen, Verstädterung und gleichzeitig die Abwendung von der Natur mit sich. Die Romantiker verachteten zutiefst die lauten und schmutzigen Städte, in denen sie lebten, wodurch eine massenhafte Flucht zurück in die Natur ins Rollen kam.

Statt in den neu technisierten Städten, hielten sie sich auf Weiden, an Aussichtspunkten, am Meer, in Wäldern und in den Bergen auf, wo die meisten Künstler und Komponisten ihre Inspirationen herbekamen. Durch die Wanderungen, die sie unternahmen und die Hingabe zum Träumerischen entflohen sie regelrecht den politischen Turbulenzen, denen sie ausgesetzt waren.

Die drei Phasen der Romantik

Frühromantik

Die Frühromantik ist eine Epoche der romantischen Bewegung, die Ende des 18. Jahrhunderts in Literatur und Kunst entstand und sich später auch auf die Musik ausdehnte. In der Musik wird die Frühromantik oft mit Franz Schubert, Robert Schumann und Felix Mendelssohn in Verbindung gebracht.

Ein wichtiger Aspekt der Frühromantik war die Betonung des individuellen Empfindens und des emotionalen Ausdrucks in der Kunst. Die Komponisten suchten damals nach neuen Ausdrucksformen, die ihre eigenen kreativen Visionen widerspiegelten.

Ein weiteres Merkmal der frühromantischen Musik war die Verwendung von Elementen wie der Tonmalerei. So konnte man zum Beispiel in einer Partitur ein ständiges Auf und Ab erkennen, wenn ein Komponist Wellen suggerieren wollte. Die Komponisten der Frühromantik erzählten oft mit literarischen und mythologischen Themen Geschichten mit ihrer Musik.

Die Frühromantik war auch eine Zeit des Experimentierens mit neuen musikalischen Formen. So etablierte sich z.B. die Liedform als eine wichtige Gattung der romantischen Musik. Auch die Entstehung von Musikzyklen wie Mendelssohns "Liedern ohne Worte" war ein wichtiger Beitrag der Frühromantik zur Entwicklung musikalischer Formen.

Der Improvisation und der Spontaneität wurde in der Musik große Bedeutung beigemessen. Insgesamt war die Frühromantik in der Musik eine Zeit der kreativen Freiheit und des experimentellen Denkens, die den Weg für die weitere Entwicklung der romantischen Musik im 19. Jahrhundert ebnete.

Die Hochromantik 

In dieser Epoche wurden die Ideen der Frühromantik weiter ergänzt und umgesetzt.

Die Blütezeit der Romantik dauerte von 1795 bis etwa 1845. In dieser Zeit entwickelte sich die Romantik zu ihrer vollen Blüte und erreichte in der Epoche der Hochromantik einen Höhepunkt an emotionaler Intensität und künstlerischer Ausdrucksfähigkeit.

In der Hochromantik war die Suche nach dem Absoluten und der Sinnlichkeit ein zentrales Thema. Die Musik sollte das Publikum emotional berühren und in eine Welt der Leidenschaften und Träume entführen. Die Komponisten der Hochromantik arbeiteten mit immer größeren Orchester- und Chorbesetzungen und strebten nach einer möglichst großen Bandbreite an Klangfarben und Dynamik.

Insgesamt war die Hochromantik in der Musik geprägt von einer Intensivierung des romantischen Gedankenguts und dem Streben nach künstlerischer Perfektion. Die Komponisten der Hochromantik übten einen enormen Einfluss auf die weitere Musikgeschichte aus und haben bis heute einen festen Platz im Konzertrepertoire.

Spätromantik

Die Spätromantik dauerte etwa von der Mitte des 19. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. In dieser Epoche zeigt sich eine Vielfalt von musikalischen Strömungen und Kompositionsstilen, die sich aus der Hochromantik entwickelt haben. Ein wichtiger Vertreter der Spätromantik in der Musik war Gustav Mahler, der die Grenzen der symphonischen Musik erweiterte und seine Werke häufig mit Vokal- und Gesangssolisten ergänzte. 

Die Spätromantik war ebenfalls eine Zeit des Experimentierens und der Innovation. Neue Formen und Techniken wie Atonalität und Chromatik wurden erprobt und führten zu neuen Ausdrucksformen in der Romantik Musik. Insgesamt war die Spätromantik in der Musik wie die Frühromantik eine Zeit des Übergangs und des Wandels. Es entstanden neue Kompositionsstile, die die Musik des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflussen sollten.

Die Anfänge der Romantik in der Musik 

Die Menschen strebten grundsätzlich nach Freiheit. Diese Freiheit äußerte sich in den Stücken unter anderem durch die Vermischung verschiedener Gattungen und Spielweisen. Als Gegenbewegung zur Klassik und zur Aufklärung, wendet sich die Romantik in der Musik und Literatur der Auslebung von Emotionen zu und von dem Nachgehen strikter Schemata ab. Damit lehnte sie zugleich den von der Weimarer Klassik betriebenen Klassizismus ab, der sich überwiegend antiken Vorbildern widmete. Leidenschaft und ungehinderter Ausdruck stehen nun stattdessen im Vordergrund.

Dies ist ebenfalls in anderen Kunstarten erkennbar: Auch die Literatur nahm von den strengen Vorgaben Abstand. Die neu entstandene Universalpoesie formuliert, dass Literaturgattungen wie Prosa, Lyrik und Drama zusammengetragen werden dürfen, wobei sowohl die Textformen als auch die Kunst und Wissenschaft und nicht zuletzt die Kritik und Rhetorik miteinander verschmelzen sollen.

Die romantische Musik zeichnete sich durch eine Verwendung von größeren Orchester- und Chorbesetzungen sowie durch eine Erweiterung der harmonischen Sprache aus. Es gibt nun die Tendenz zu längeren und fortwährend komplexer werdenden Musikstücken.

Analyse romantischer Musik

Wie bereits erwähnt, orientierte sich die Romantik im Gegensatz zu der Klassik nicht mehr an festgefahrenen Strukturen. Das Gleichgewicht von Melodik, Harmonik und Rhythmik geriet ins Schwanken, sodass vielfältige Stücke mit teils sehr ungewöhnlichen Klängen ihre Geburtsstunde einläuteten. Die Erweiterung der Harmonik und Kadenzen erfolgte dauernd. Dissonanzen waren von nun an kein Fremdwort mehr, sondern schlichtweg musikalischer Alltag. 

Jedoch darfst du dir unter romantischen Stücken ebenso harmonische und beruhigende Melodien vorstellen, die in ihrer Melancholie aufblühen. Sie verleiten zum Abtauchen in eine Phantasiewelt, zum Verlieren in Träumen und laden regelrecht zum tiefen Mitfühlen jeden Klangs ein. Während einige mit Brisen voll Leichtigkeit und einem Hauch an zarten Melodien beflügeln, befördern andere in die seelischen Abgründe, sind schwermütig und schreien nach Aufmerksamkeit, nach einem zweiten Hinschauen.

Dass man sich leicht von romantischer Musik mitreißen lässt, liegt nicht zuletzt daran, dass sie in einer für Gefühle solch verheißungsvollen Zeit mit Aufruhr und wenig Beständigkeit komponiert wurde. Die Gedanken der Komponisten wurden ohne Frage auf ihre Kompositionen übertragen.

Komponisten der Romantik

Ludwig van Beethoven (1770-1827)

beethoven skulptur

Einer der Pioniere der romantischen Musik war Ludwig van Beethoven, der in seinen Werken wie der “Mondscheinsonate" eine tiefe Leidenschaft zum Ausdruck brachte. Er wird oft als Übergangsgestalt zwischen Klassik und Romantik gesehen und trug wesentlich zur Entwicklung der Frühromantik bei. Seine Stücke sind durch ihre hohe Komplexität bekannt (siehe Hammerklaviersonate Beitrag).


Frederic Chopin (1810-1849)

Frederic Chopin zeichnet sich durch seine einzigartige Mischung aus technischer Brillanz und emotionaler Ausdruckskraft aus. Besonders bekannt sind seine melancholischen und teils sehr schwerfälligen Nocturnes.

frederic chopin skulptur


Franz Liszt (1811-1886)

franz liszt skulptur

Ein wichtiger Vertreter der Hochromantik in der Musik war Franz Liszt, der eine zentrale Rolle in der Entwicklung des Virtuosentums spielte. Seine Musik zeichnete sich durch eine freie Form und eine ausdrucksvollere Harmonik aus. 

Claude Debussy (1862-1918)

Seine Musik wird oft als "Malerei in Klängen" beschrieben, da sie eine besondere Vorliebe für Stimmungen und Farben hat, die an die Malerei der Impressionisten erinnern. Claude Debussys Einfluss auf die Musikgeschichte ist beträchtlich, denn er gilt als einer der Wegbereiter für die moderne Musik des Impressionismus im 20. Jahrhundert mit seinen von der Natur inspirierten Kompositionen.

Robert Schumann (1810-1856)

Ein Meister des musikalischen Ausdrucks, dessen Werke für ihre harmonische und melodische Originalität sowie für ihre komplexe Struktur bekannt wurden. Ein innovativer Komponist, der mit neuen Formen und Techniken experimentiert. Robert Schumann schuf in seinen Klavierwerken oft eine enge Verbindung zwischen den einzelnen Stücken, indem er thematische Elemente oder musikalische Motive aus einem Stück in einem anderen wieder aufgriff. 

Die bekanntesten Stücke der Romantik Musik

Das Klavier gilt als das Instrument der Romantik. Es ist also kein Wunder, dass von den oben aufgeführten romantischen Pianisten die bekanntesten Kompositionen stammen. Zu ihnen gehören:

  • Waltz in C Moll Op. 64 No. 2 – Frederic Chopin

  • Mondscheinsonate – Ludwig van Beethoven  

  • Nocturne Op. 9 No. 2 – Frederic Chopin

  • Liebestraum No. 3 – Franz Liszt

  • Träumerei (aus dem Liederzyklus „Kinderszenen“) – Robert Schumann 

  • Claire de lune – Claude Debussy

Selbst die Titel versprechen eine unwiderstehliche, träumerische Atmosphäre, nicht wahr? 


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